Ein Fest für alle Sinne Wie wichtig Kultur, wie wichtig Kunst, wie wichtig das Zusammensein und der  Austausch mit anderen ist, das  haben wir in den  letzten zwei Jahren schmerzlich erfahren. Und wir haben einmal mehr gemerkt, dass  Systemrelevanz nicht nur gemessen  werden kann mit metrischem Maß, statistischen Zahlen oder mathematischen Grundsätzen. Nein, es gibt da etwas, das sich  schwerlich in Worte fassen lässt. Etwas, das letztlich mit Freiheit zu tun hat und dass in seiner absol uten Unmessbarkeit einfach  existenziell ist. Meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrte Frau Villinger, Ihnen allen herzlichsten Dank dafür, dass Sie den  heutigen Vormittag mit der Eröffnung der Ausstellung der Künstlergruppe Waiblingen ermöglichen . Und auch Ihnen, verehrte  Künstlerinnen und Künstler der heutigen Schau, herzlichen Dank, dass Sie uns teil haben lassen an Ihren Werken. Jugendlich  in Worte gefasst, lassen Sie uns heute die Kunst feiern, in all ihrer Unterschiedlichkeit, in all ihren Nu ancen, Stimmungen,  Empfindungen, in all ihren Formen, Techniken, Farben und Charakteren. Beginnen wir unseren Gang durch die Ausstellung,  beginnen wir unseren Gang durchs Haus im Erdgeschoss. Sibylle Bross zeigt großformatige Malereien. Alle entstanden in diesem Jahr. Kräftig sind sie im Strich, reduziert in der  Farbpalette: grau, schwarz, weiß und immer wieder durchblitzt von gelb, orange changierendem Leuchten.  Es scheint, als  wehe heuer ein kalter Hauch durch sie hindurch. Bei einem Winterwald mag man  das erwarten. Einsam, in sich ruhend, frostig.  Aber auch in den anderen Arbeiten ist das allgegenwärtig. Menschen auf einem großen Platz; Menschen in einer Szenerie mit  Bäumen und See; Menschen stehend, sitzend, isoliert sich bewegend, Schemen gleich und i n allem, miteinander, einsam.  Besonders eindrücklich, die große Malerei mit dem Titel „Flut“. Eine Strandszenerie mit Badenden? Weit gefehlt. Die Situation ist gespenstisch. Am Ufer skeletthaft aufragehdes Gestäng. Grau, nebligkahl ragen Baumschemen im wei teren Verlauf in den  grauen Himmel, übergehend in die angedeutete Silhouette einer Stadt. Dagegen brandet das Meer. Wetterleuchten gleich ist  der Horizont erhellt. Und mitten darin menschliche Gestalten, die versuchen vom Meer aus das Ufer zu erreichen. Do ch ist es  ein rettendes? Albrecht Pfister ist mit grafischen Arbeiten vertreten. Acrylfarbe und Tusche auf Büttenpapier in großen Bögen.  Dass Pfister  Büttenpapier als Malgrund wählt, ist eigen. Der lasierende Farbauftrag steigert die Materialität der Obe rfläche und verleiht den  Blättern ein irrational immaterielles Couleur. Flirrend, durchscheinend, haptisch und zugleich ungegenständlich schafft er ei nen  transluzenten Fond, der eigentlich gar nicht vorhanden ist. Der Glaskünstler ist hier sehr wohl zu erk ennen denn er schafft  Bildräume ohne Perspektive, einfach da, abwartend, was darin geschehen mag. Darauf setzt er sich bewegende grafische  Elemente. Fast erscheinen sie wie beiläufige Pinselstriche. Doch sind sie alle streng organisiert, definiert, bewusst gesetzt.  Tiefes Blau, gerahmt von schwarzem Liniement. Immer zu zweit. Hier bewegen sie sich aufeinander zu, dort umtanzen sie sich,  hier ist eines erstaunt über das Treiben des anderen. „Distanz“ sind sie betitelt. Zueinander, untereinander, spannungsrei ch im  Gegenüber, aufeinander bezogen und au contraire nicht entfernt, sondern viel mehr immer enger miteinander und  gegeneinander verwoben. A rchitekt war er zu Berufszeiten, Künstler ist er seit jeher.  Klaus Hallermann . Und seine Aquarelle sprechen von beidem, denn  sie kreisen immer um von Menschenhand Gebautes. Losgelöst von den Gesetzmäßigkeiten der Logik und der Bauphysik, lässt  er Paläste e ntstehen, Städte, Landschaften, Szenerien, in denen Natur mitunter, Bauwerke jedoch immer einen Weg weisen.  Und sie sind es auch, die ganz offensichtlich Geschichten erzählen. Denn keines der Gebäude ist perfekt, keines neu, keines  fertig. Es scheint als b ewegten sie sich zwischen Memento Mori und Savoire Vivre. Sind Gegenwart, Vergangenheit und  versprechen auch in Zukunft weiter da zu sein. Hütte, Nekropole, Stadt, Schloss, Ruine; Orte kollektiven Gedächtnisses. Kaum  etwas ist in ihnen einfach so. Alles ha t oder hatte seinen Sinn und Zweck  – so wie es eben ist bei der Architektur. Düster und großformatig begegnen uns die Malereien von  Birgit Entenmann . „Weltlandschaft“ sind zwei davon betitelt.  Quadratisch im Format, zeigen sie Ordnungen, Gliederungen, sch emenhafte Zeichen menschlichen Wirkens. Collagierte Texte  sind erkennbar, Figuren lassen sich erahnen, Bauwerke, zusammengefügt, aneinander gesetzt, separiert und doch im Verbund  des Gewebten. Wobei alles, im Pinselduktus zurück gehalten, sich einem tatsäc hlich zuordenbarem entzieht. Die Farbpalette  von Grau - , Blau - , Schwarz - und Weiß - Tönen bestimmt auch das Werk „Zuspitzung“. Eine Pyramide, gläsern im Augenschein,  ragt aus dunklen Tiefen hinauf in ein helles Gefild. Strukturiert im Inneren sind in Andeutun g Wege, Gänge, Kammern, Räume  ahnbar, Größenverhältnisse erkennbar und in all dem tut sich ein mysteriöses Innenleben auf. Der angedeutete Weg Michael Schützenberger ist Bildhauer. Er befasst sich mit dem menschlichen Körper, allerdings nicht in dessen unversehrter  Ganzheit, oder anekdotisch inszeniert. Nein, er  befasst sich mit Fragmenten, Teilen, Ausschnitten, einzelnen Partien. Eine  Schulter, ein Knie, ein Arm. Teilstücke, die, in unserem heutigen, historisch geschulten Kunstdenken zunächst einmal den  Gedanken aufkommen lassen, dass es hierzu sicher noch den Re st irgendwo gibt. Aber die Stücke stehen ganz alleine für sich  und nehmen ihren Platz ein in einer Reihe, in der sich Schützenberger auseinandersetzt mit jenem fragilen Zusammenspiel von  Mensch und Natur. Mit der Abhängigkeit beiderseits; mit faszinierende r Schönheit und gleichermaßen abgründiger, unbändiger  Zerstörungskraft. Mehr den je dieser Tage bewußt, im Wesen aber stets gegenwärtig. Hinein in ganz besondere Bildwelten führt  Diethart Verleger. Er selbst bezeichnet seine Werke als Multi - Layer - Fotograf ien.  Collagen könnte man auch sagen, wobei dieser Begriff das Hantieren mit Papier, Schere und Klebstoff assoziiert, was hier  mitnichten der Fall ist. Diese Bildräume entstehen letztlich am Computer. Wobei verschiedenste eigene Fotografien und  Malereien, a lle digitalisiert, übereinander gelegt sind. Durchscheinend hier, deckend dort, sich gegenseitig überlagernd,  verändernd, hinterlegend, überschreibend. Die Kompositionen sind vielschichtig und vielgestalt. Layer für Layer entstehen dar in  magische Ansichten , phantastische Bildräume, die in Bann ziehen, hinein führen in ganz eigene faszinierende Kosmen voller  mystischer Geheimnisse, voller überraschender Blicke, voller Tiefe und Brillanz. Poetisch, spannend, visuell, lustvoll und  sinnlich gleichermaßen. Moni ka Walter begann im Jahr  202 0 einen grafischen Zyklus, den sie „Verwerfungen“ betitelt. Aus diesem Zyklus sind heute  Arbeiten zu sehen. Es sind Zeichnungen ausgeführt in Graphit und Farbstift, collagiert mit Gewebeband. Die Blätter sind kräft ig  im Formensp iel. Sie erzählen keine Geschichten, obwohl man meint Bekanntes zu erkennen. Flächige Partien stehen gegen  feines Linienspiel, dichtes Schwarz gegen farbiges Gewese. Und im Vordergrund balkenhaft aufgebracht, daraufgesetzt,  dar ü bergelegt graues oder rotes  Gewebeband. Mal in parallelen Streifen, mal im Block, mal kreuzweise  ü bereinander. So steht  es  ü ber dem Zeichenwerk. Durchaus brutal, sich  ü ber alles andere hinwegsetzend. Eine au ß ergew ö hnliche Vermengung, eine  optische und haptische Verwerfung, ein St ö rer , ein Element, das zugleich fremd ist, hier jedoch im Zusammenhang Teil des  Komposits wird. „Drauß vom Walde“ ist der Titel einer der Skulpturen von  Wolfgang Jaehring . Es ist eines aus einem ganzen Reigen  eigenwilliger Bildwerke, die entstanden s ind in den letzten zwei Jahren. Bedingt durch die allgegenwärtige Isolation, begab sich  der Künstler auf lange Spaziergänge. Mitgebracht davon hat er bizarr aussehende Holzreste, Stücke die Waldarbeiter liegen  ließen. Stücke, denen etwas inne wohnte, das i m Atelier unter dem prüfenden Auge Jaehr l ings, bearbeitet mit Motorsäge und  Cutter - Messer immer mehr Persönlichkeit gewann. Hier ganz skulptural ungegenständlich, einfach als Form im Raum entfaltet,  dort sich zu einer Figur bildend. Mitunter meint man Arcim boldo über die Schulter zu blicken, dann aber ist es eher ein Brâncuşi  und letztlich keiner von beiden, denn diese Wegbegleiter haben ihren ganz eigenen Duktus, ihre ganz eigene Geschichte und  letztlich ihren ganz  selbstbewussten eigenen Kopf. Jan F. Welke r setzt sich mit Fotografien auseinander, die in den letzten Jahrzehnten von Menschen des öffentlichen Lebens  gemacht wurden. Er nimmt die allgemein zugänglichen Bilddokumente und setzt sie großformatig um in Malerei. So entsteht  eine illustre Galerie, hie r sind es der Sängers Iggy Pop, der Schauspieler Nicolas Ofczarek, die Sängerin Fiona Apple, Ikonen  wie  Romy Schneider und Neil Armstrong. Welker geht in diesen Abbildern, dem jeweiligen Gegenüber nach. Was mögen sie  gedacht, empfunden, durchlebt haben im Moment des Bildes? Bei einigen ist es bekannt, bei anderen nicht. Und so versenkt  sich das Auge des abbildenden Malers in die Blicke, Gesten und Schwingungen des jeweiligen Gegenübers. In sich ruhend,  nachdenklich und aufregend zugleich. Schwingt doch in  jeder und jedem ein Stück Geschichte mit. Und schließlich  Gerhard Hetzel . Wir befinden uns mitten darin, in seiner Bilderwelt. Sie empfängt den Betrachtenden mit großer  Leichtigkeit. Ist sie doch durch und durch im Gegenständlichen verankert. Doch hinter  den Objekten geht der Blick hinein in  Tiefen, die geprägt sind von einem wachen Geist, der die Vorgänge der Welt hinterfragt. Es liegt die Vermutung nahe, dass die Virtuosität dieser Tromp l'oie Malereien, die Präzision des Dargestellten, nicht heiter init iiert sind, sondern vielmehr herrühren  von einer großen Melancholie. Wie sonst wären die bitteren Früchte des Baums der Erkenntnis zu ertragen, wie sonst wären die  zweierlei Masken aushaltbar, wenn nicht mit einem übergroßen  Schuss Schalk und Humor. Die bei de dann zum Tragen  kommen, wenn alles andere versagt. Meine sehr geehrten Damen und Herren. Diese Schau ist ein Fest. Sie zeigt, wie zutiefst prägend die aktuellen Geschehnisse  für die Künstlerinnen und Künstler sind. Sie zeigt aber auch, dass wir uns nic ht klein kriegen lassen, dass wir weiter machen  und dass Momente, wie der heutige von unschätzbarem Wert sind. Dr. Annette Schmidt  01.12. 202 1 Dr. Annette  Schm idt:  Küns tlergruppe Waiblingen. 5.12.2021. Galerie im Druckhaus und Zeitungsverlag Waiblingen
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Ein Fest für alle Sinne Wie wichtig Kultur, wie wichtig Kunst, wie wichtig das  Zusammensein und de r Austausch mit anderen ist, da s  haben wir in den letzten zwei Jahren schmerzlich  erfahren. Und wir haben einmal mehr gemerkt, dass  Systemrelevanz nicht nur gemessen werden kann mit  metrischem Maß, statistischen Zahlen oder  mathematischen Grundsätzen. Nein, es gibt da etwas,  das sich schwerlich in Worte fassen lässt. Etwas, das  letztlich mit Freiheit zu tun hat und dass in seiner  absol uten Unmessbarkeit einfach existenziell ist. Meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrte  Frau Villinger, Ihnen allen herzlichsten Dank dafür, dass  Sie den heutigen Vormittag mit der Eröffnung der  Ausstellung der Künstlergruppe Waiblingen  ermöglichen . Und auch Ihnen, verehrte Künstlerinnen  und Künstler der heutigen Schau, herzlichen Dank,  dass Sie uns teil haben lassen an Ihren Werken.  Jugendlich in Worte gefasst, lassen Sie uns heute die  Kunst feiern, in all ihrer Unterschiedlichkeit, in all ihren  Nu ancen, Stimmungen, Empfindungen, in all ihren  Formen, Techniken, Farben und Charakteren.  Beginnen wir unseren Gang durch die Ausstellung,  beginnen wir unseren Gang durchs Haus im  Erdgeschoss. Sibylle Bross zeigt großformatige Malereien. Alle  entstanden in diesem Jahr. Kräftig sind sie im Strich,  reduziert in der Farbpalette: grau, schwarz, weiß und  immer wieder durchblitzt von gelb, orange  changierendem Leuchten.  Es scheint, als wehe heuer  ein kalter Hauch durch sie hindurch. Bei einem  Winterwald mag man  das erwarten. Einsam, in sich  ruhend, frostig. Aber auch in den anderen Arbeiten ist  das allgegenwärtig. Menschen auf einem großen Platz;  Menschen in einer Szenerie mit Bäumen und See;  Menschen stehend, sitzend, isoliert sich bewegend,  Schemen gleich und i n allem, miteinander, einsam.  Besonders eindrücklich, die große Malerei mit dem Titel  „Flut“. Eine Strandszenerie mit Badenden? Weit gefehlt.  Die Situation ist gespenstisch. Am Ufer skeletthaft  aufragehdes Gestäng. Grau, nebligkahl ragen  Baumschemen im wei teren Verlauf in den grauen  Himmel, übergehend in die angedeutete Silhouette  einer Stadt. Dagegen brandet das Meer.  Wetterleuchten gleich ist der Horizont erhellt. Und  mitten darin menschliche Gestalten, die versuchen vom  Meer aus das Ufer zu erreichen. Do ch ist es ein  rettendes? Albrecht Pfister ist mit grafischen Arbeiten vertreten.  Acrylfarbe und Tusche auf Büttenpapier in großen  Bögen.  Dass Pfister Büttenpapier als Malgrund wählt,  ist eigen. Der lasierende Farbauftrag steigert die  Materialität der Obe rfläche und verleiht den Blättern ein  irrational immaterielles Couleur. Flirrend,  durchscheinend, haptisch und zugleich  ungegenständlich schafft er einen transluzenten Fond,  der eigentlich gar nicht vorhanden ist. Der Glaskünstler  ist hier sehr wohl zu erk ennen denn er schafft  Bildräume ohne Perspektive, einfach da, abwartend,  was darin geschehen mag. Darauf setzt er sich  bewegende grafische Elemente. Fast erscheinen sie  wie beiläufige Pinselstriche. Doch sind sie alle streng  organisiert, definiert, bewusst gesetzt. Tiefes Blau,  gerahmt von schwarzem Liniement. Immer zu zweit.  Hier bewegen sie sich aufeinander zu, dort umtanzen  sie sich, hier ist eines erstaunt über das Treiben des  anderen. „Distanz“ sind sie betitelt. Zueinander,  untereinander, spannungsrei ch im Gegenüber,  aufeinander bezogen und au contraire nicht entfernt,  sondern viel mehr immer enger miteinander und  gegeneinander verwoben. A rchitekt war er zu Berufszeiten, Künstler ist er seit  jeher.  Klaus Hallermann . Und seine Aquarelle  sprechen von beidem, denn sie kreisen immer um von  Menschenhand Gebautes. Losgelöst von den  Gesetzmäßigkeiten der Logik und der Bauphysik, lässt  er Paläste e ntstehen, Städte, Landschaften, Szenerien,  in denen Natur mitunter, Bauwerke jedoch immer einen  Weg weisen. Und sie sind es auch, die ganz  offensichtlich Geschichten erzählen. Denn keines der  Gebäude ist perfekt, keines neu, keines fertig. Es  scheint als b ewegten sie sich zwischen Memento Mori  und Savoire Vivre. Sind Gegenwart, Vergangenheit und  versprechen auch in Zukunft weiter da zu sein. Hütte,  Nekropole, Stadt, Schloss, Ruine; Orte kollektiven  Gedächtnisses. Kaum etwas ist in ihnen einfach so.  Alles ha t oder hatte seinen Sinn und Zweck  – so wie es  eben ist bei der Architektur. Düster und großformatig begegnen uns die Malereien  von  Birgit Entenmann . „Weltlandschaft“ sind zwei  davon betitelt. Quadratisch im Format, zeigen sie  Ordnungen, Gliederungen, sch emenhafte Zeichen  menschlichen Wirkens. Collagierte Texte sind  erkennbar, Figuren lassen sich erahnen, Bauwerke,  zusammengefügt, aneinander gesetzt, separiert und  doch im Verbund des Gewebten. Wobei alles, im  Pinselduktus zurück gehalten, sich einem tatsäc hlich  zuordenbarem entzieht. Die Farbpalette von Grau - , Blau - , Schwarz - und Weiß - Tönen bestimmt auch das  Werk „Zuspitzung“. Eine Pyramide, gläsern im  Augenschein, ragt aus dunklen Tiefen hinauf in ein  helles Gefild. Strukturiert im Inneren sind in Andeutun g  Wege, Gänge, Kammern, Räume ahnbar,  Größenverhältnisse erkennbar und in all dem tut sich  ein mysteriöses Innenleben auf. Der angedeutete Weg  konkretisiert sich in der Arbeit „Stairway to Heaven“.  Erst hier wird es stofflicher, erst hier lichten sich die  Schleier der Weltenlandschaften hin zu einem  freundlichen, offenen, leuchtend Oben. Michael Schützenberger ist Bildhauer. Er befasst sich  mit dem menschlichen Körper, allerdings nicht in  dessen unversehrter Ganzheit, oder anekdotisch  inszeniert. Nein, er  befasst sich mit Fragmenten, Teilen,  Ausschnitten, einzelnen Partien. Eine Schulter, ein  Knie, ein Arm. Teilstücke, die, in unserem heutigen,  historisch geschulten Kunstdenken zunächst einmal  den Gedanken aufkommen lassen, dass es hierzu  sicher noch den Re st irgendwo gibt. Aber die Stücke  stehen ganz alleine für sich und nehmen ihren Platz ein  in einer Reihe, in der sich Schützenberger  auseinandersetzt mit jenem fragilen Zusammenspiel  von Mensch und Natur. Mit der Abhängigkeit  beiderseits; mit faszinierende r Schönheit und  gleichermaßen abgründiger, unbändiger  Zerstörungskraft. Mehr den je dieser Tage bewußt, im  Wesen aber stets gegenwärtig. Hinein in ganz besondere Bildwelten führt  Diethart  Verleger. Er selbst bezeichnet seine Werke als Multi - Layer - Fotograf ien. Collagen könnte man auch sagen,  wobei dieser Begriff das Hantieren mit Papier, Schere  und Klebstoff assoziiert, was hier mitnichten der Fall ist.  Diese Bildräume entstehen letztlich am Computer.  Wobei verschiedenste eigene Fotografien und  Malereien, a lle digitalisiert, übereinander gelegt sind.  Durchscheinend hier, deckend dort, sich gegenseitig  überlagernd, verändernd, hinterlegend, überschreibend.  Die Kompositionen sind vielschichtig und vielgestalt.  Layer für Layer entstehen darin magische Ansichten ,  phantastische Bildräume, die in Bann ziehen, hinein  führen in ganz eigene faszinierende Kosmen voller  mystischer Geheimnisse, voller überraschender Blicke,  voller Tiefe und Brillanz. Poetisch, spannend, visuell,  lustvoll und sinnlich gleichermaßen. Moni ka Walter begann im Jahr  202 0 einen grafischen  Zyklus, den sie „Verwerfungen“ betitelt. Aus diesem  Zyklus sind heute Arbeiten zu sehen. Es sind  Zeichnungen ausgeführt in Graphit und Farbstift, collagiert mit Gewebeband. Die Blätter sind kräftig im  Formensp iel. Sie erzählen keine Geschichten, obwohl  man meint Bekanntes zu erkennen. Flächige Partien  stehen gegen feines Linienspiel, dichtes Schwarz  gegen farbiges Gewese. Und im Vordergrund  balkenhaft aufgebracht, daraufgesetzt, dar ü bergelegt  graues oder rotes  Gewebeband. Mal in parallelen  Streifen, mal im Block, mal kreuzweise  ü bereinander.  So steht es  ü ber dem Zeichenwerk. Durchaus brutal,  sich  ü ber alles andere hinwegsetzend. Eine  au ß ergew ö hnliche Vermengung, eine optische und  haptische Verwerfung, ein St ö rer , ein Element, das  zugleich fremd ist, hier jedoch im Zusammenhang Teil  des Komposits wird. „Drauß vom Walde“ ist der Titel einer der Skulpturen  von  Wolfgang Jaehring . Es ist eines aus einem  ganzen Reigen eigenwilliger Bildwerke, die entstanden  s ind in den letzten zwei Jahren. Bedingt durch die  allgegenwärtige Isolation, begab sich der Künstler auf  lange Spaziergänge. Mitgebracht davon hat er bizarr  aussehende Holzreste, Stücke die Waldarbeiter liegen  ließen. Stücke, denen etwas inne wohnte, das i m  Atelier unter dem prüfenden Auge Jaehr l ings,  bearbeitet mit Motorsäge und Cutter - Messer immer  mehr Persönlichkeit gewann. Hier ganz skulptural  ungegenständlich, einfach als Form im Raum entfaltet,  dort sich zu einer Figur bildend. Mitunter meint man  Arcim boldo über die Schulter zu blicken, dann aber ist  es eher ein Brâncuşi und letztlich keiner von beiden,  denn diese Wegbegleiter haben ihren ganz eigenen  Duktus, ihre ganz eigene Geschichte und letztlich ihren  ganz  selbstbewussten eigenen Kopf. Jan F. Welke r setzt sich mit Fotografien auseinander,  die in den letzten Jahrzehnten von Menschen des  öffentlichen Lebens gemacht wurden. Er nimmt die  allgemein zugänglichen Bilddokumente und setzt sie  großformatig um in Malerei. So entsteht eine illustre  Galerie, hie r sind es der Sängers Iggy Pop, der  Schauspieler Nicolas Ofczarek, die Sängerin Fiona  Apple, Ikonen wie  Romy Schneider und Neil Armstrong.  Welker geht in diesen Abbildern, dem jeweiligen  Gegenüber nach. Was mögen sie gedacht, empfunden,  durchlebt haben im Moment des Bildes? Bei einigen ist  es bekannt, bei anderen nicht. Und so versenkt sich  das Auge des abbildenden Malers in die Blicke, Gesten  und Schwingungen des jeweiligen Gegenübers. In sich  ruhend, nachdenklich und aufregend zugleich. Schwingt  doch in  jeder und jedem ein Stück Geschichte mit. Und schließlich  Gerhard Hetzel . Wir befinden uns  mitten darin, in seiner Bilderwelt. Sie empfängt den  Betrachtenden mit großer Leichtigkeit. Ist sie doch  durch und durch im Gegenständlichen verankert. Doch  hinter  den Objekten geht der Blick hinein in Tiefen, die  geprägt sind von einem wachen Geist, der die  Vorgänge der Welt hinterfragt. Es liegt die Vermutung  nahe, dass die Virtuosität dieser Tromp l'oie Malereien,  die Präzision des Dargestellten, nicht heiter init iiert sind,  sondern vielmehr herrühren von einer großen  Melancholie. Wie sonst wären die bitteren Früchte des  Baums der Erkenntnis zu ertragen, wie sonst wären die  zweierlei Masken aushaltbar, wenn nicht mit einem  übergroßen  Schuss Schalk und Humor. Die bei de dann  zum Tragen kommen, wenn alles andere versagt. Meine sehr geehrten Damen und Herren. Diese Schau  ist ein Fest. Sie zeigt, wie zutiefst prägend die aktuellen  Geschehnisse für die Künstlerinnen und Künstler sind.  Sie zeigt aber auch, dass wir uns nic ht klein kriegen  lassen, dass wir weiter machen und dass Momente, wie  der heutige von unschätzbarem Wert sind. Dr. Annette Schmidt  01.12. 202 1 Dr. Annette  Schm idt:  Küns tlergruppe Waiblingen. 5.12.2021.  Galerie im Druckhaus und Zeitungsverlag Waiblingen